Agil oder klassisch? Die ehrliche Antwort auf die Frage nach der "richtigen" Methode

Agil oder klassisch? Die ehrliche Antwort auf die Frage nach der "richtigen" Methode

Hype, Hoffnung – und Ernüchterung

„Agil ist immer besser!“ – das hören Entscheider seit Jahren auf Konferenzen und von Beratern. Gleichzeitig warnen Traditionalisten: „Ohne klassischen Plan und Kontrolle geht es nicht.“ In vielen Unternehmen ist ein regelrechter Glaubenskrieg entbrannt: Hier die Agile-Fans, dort die Wasserfall-Verfechter. Doch worum geht es wirklich?

Führungskräfte im Mittelstand und Konzernumfeld stehen vor der Frage: Agil oder klassisch – welche Methode ist die richtige? Die provokante, ehrliche Antwort: Es gibt keine universell “richtige” Methode. Diese Aussage mag enttäuschen, doch sie ist notwendig. Warum? Weil die Realität komplexer ist als plakative Erfolgsmeldungen es vermuten lassen.

Seit zwei Jahrzehnten glauben viele, sie müssten sich für eine Seite entscheiden. Das Aufkommen agiler Methoden hat sogar zu einer Art “Stammesdenken” geführt, das Innovation eher hemmt als fördert . Höchste Zeit also, mit Mythen aufzuräumen, echte Entscheidungskriterien offenzulegen und typische Fehlannahmen zu entlarven.

Mythos 1: „Agil ist immer besser – Projekte werden damit automatisch erfolgreich“

Die Verfechter agiler Ansätze betonen gerne beeindruckende Statistiken. Tatsächlich nutzen inzwischen über 70 % der Unternehmen agile Methoden, und agile Projekte gelten laut Untersuchungen mit 64 % Erfolgsquote als erfolgreicher als klassische Projekte mit nur 49 % Erfolg . Zudem scheitern agile Vorhaben demnach seltener komplett als Wasserfall-Projekte (nur 9 % vs. 29 % Fehlschlag) . Klingt, als wäre Agilität ein Garant für Triumph, oder?

Die Realität: Agile Methoden sind kein Wundermittel, und schon gar keine Garantie für Projekterfolg. Ja, Agile bietet Vorteile – schnellere Anpassung, häufigere Lieferungen, Fokus auf Kundennutzen. Doch diese Potenziale werden nur mit der richtigen Anwendung gehoben. Viele „agile” Projekte scheitern dennoch an Zeit-, Budget- und Qualitätszielen. In einer aktuellen Umfrage zeigte sich, dass 65 % der Softwareprojekte mit agilen Methoden weder rechtzeitig noch im Budget noch mit dem geforderten Qualitätsstandard fertig wurden . Anders ausgedrückt: Auch unter dem Agile-Banner laufen zwei von drei Projekten aus dem Ruder.

Wie passt das zusammen? Ganz einfach: Agil falsch umgesetzt bringt nichts. Oft wird „agil“ mit Hauruck eingeführt, ohne Kulturwandel und ohne Verständnis der Prinzipien. Es entsteht Agilität nach Vorschrift: Daily Stand-ups, Sprint-Backlogs und Retrospektiven werden pflichtbewusst abgehalten, aber ihr Mehrwert geht verloren. Ein Entwickler brachte es auf den Punkt: „Wir verbringen mehr Zeit damit, agile Prozesse zu pflegen, als mit eigentlicher Arbeit.“ Ein Praxisbeispiel: Ein Team feilt stundenlang an perfekten User Stories und Akzeptanzkriterien, nur um später festzustellen, dass man die Kundenanforderung missverstanden hat – der direkte Dialog mit dem Kunden blieb nämlich aus. Warum? Weil man den Sprint-Plan strikt einhalten wollte, statt flexibel auf neue Erkenntnisse zu reagieren . Hier wurde Regelbefolgung über Ergebnis gestellt – der Kern der Agilität ging verloren.

Diese Überformalisierung agiler Frameworks ist kein Einzelfall. Viele Teams erleben, dass am Ende die Methode wichtiger zu sein scheint als der Projekterfolg . Agile Rituale wie starre tägliche Meetings oder überkomplexe Jira-Workflows werden zum Selbstzweck, obwohl sie längst keinen Nutzen mehr stiften. Agilität verkommt zur Bürokratie – ein tragischer Widerspruch. Agil ist also nicht per se besser, sondern nur so gut, wie die Menschen und die Kultur dahinter es zulassen.

Übrigens: Eine besonders provokante (und umstrittene) Studie einer Beratungsfirma legt sogar nahe, dass agile Projekte deutlich häufiger scheitern als andere. Demnach hätten agile Softwareprojekte eine 268 % höhere Fehlerrate gegenüber Projekten, die anders gemanagt werden . Zwar stammt diese Studie von einem agileskeptischen Beratungsunternehmen und ist mit Vorsicht zu genießen – sie zeigt aber, dass die Agil-Euphorie nicht ungetrübt ist. Nicht alles, was agil etikettiert wird, bringt automatisch Erfolg.

Fazit Mythos 1: Agil bietet große Chancen, ist aber kein Selbstläufer. Ohne passende Kultur, Disziplin und Weiterbildung kann „agil“ genauso scheitern wie jede andere Methode. Erfolgreich ist nicht die Methode an sich, sondern deren richtige Anwendung im richtigen Kontext.

Mythos 2: „Klassisches (Wasserfall-)Projektmanagement ist veraltet und schlecht“

Die Gegenposition hört man ebenfalls: Klassisches Projektmanagement – mit Pflichtenheften, Gantt-Charts, Phasenmodellen – sei von gestern. In Zeiten schneller Veränderungen könne man nicht mehr monatelang planen; wer noch Wasserfall mache, habe „nichts verstanden“ und werde abgehängt. Agil oder sterben, sozusagen.

Die Realität: Traditionelles Projektmanagement ist nicht tot. In vielen Branchen und Projekttypen ist es nach wie vor goldrichtig. Stellen Sie sich ein Projekt mit klaren, stabilen Anforderungen und festen Regulierungsvorgaben vor – etwa die Einführung eines geprüften Buchhaltungssystems oder ein Bauprojekt. Ein klassischer Wasserfall-Ansatz (Planung aller Phasen im Voraus, striktes Change Management bei Änderungen) kann hier sehr gut funktionieren. Experten betonen, dass klassisches Projektmanagement ideal ist für vorausplanbare Projekte mit von vornherein klaren Anforderungen, vor allem in Umgebungen, die stark durch Gesetze oder Vorschriften geregelt sind . Wenn kaum Ungewissheit besteht, warum dann künstlich iterieren? Hier ist „planmäßig durcharbeiten“ kein Makel, sondern effizient.

Zudem haben klassische Methoden ihren Erfolg über Jahrzehnte bewiesen. Großprojekte in Infrastruktur und Anlagenbau wurden lange vor Agile erfolgreich abgeschlossen – und werden es teils heute noch. Auch in streng regulierten Feldern (Medizintechnik, Luftfahrt, Behörden-IT) schreibt man umfangreiche Spezifikationen nicht zum Spaß: Sie sind oft notwendig, um Sicherheit und Compliance zu gewährleisten. „Veraltet“ heißt nicht automatisch „unbrauchbar“ – im Gegenteil, manches bewährte Vorgehen lässt sich nicht einfach durch ein agiles Framework ersetzen, ohne essentielle Aspekte zu verlieren.

Die aktuellen Zahlen belegen ebenfalls ein ausgewogeneres Bild: Laut PMI-Daten erzielen prädiktive (klassische) Ansätze ähnliche Erfolgsquoten wie agile. In einer weltweiten Studie lag die durchschnittliche Erfolgsrate agiler Projekte bei 75,4 %, während klassische Projekte 74,4 % und hybride 74,6 % erreichten – praktisch kein signifikanter Unterschied . Anders gesagt: Ein gut gemanagtes Projekt ist erfolgreich, egal ob agil oder klassisch. Es gibt also keinen Grund, klassische Methoden pauschal als schlechter abzutun.

Allerdings: „Klassisch“ darf nicht mit „rigide“ gleichgesetzt werden. Modernes Projektmanagement nach PMI, IPMA & Co. hat ebenfalls gelernt, mit Änderungen umzugehen – nur eben kontrollierter. Wer klassisch plant, muss nicht blind am ursprünglichen Plan festhalten, sondern sollte ein sauberes Change Management etablieren. Der Vorwurf, Wasserfall-Projekte würden am Markt vorbei entwickeln, weil Änderungen ignoriert werden, trifft nur zu, wenn schlecht gemanagt wird. Gute Projektleiter haben auch im Wasserfall immer ein Ohr am Kunden und reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen – nur eben anders strukturiert als im Sprint-Takt.

Fazit Mythos 2: Klassisches Projektmanagement ist keineswegs obsolet. Es hat nach wie vor seinen Platz und kann genauso erfolgreich sein wie agile Ansätze – vorausgesetzt, es wird professionell und angepasst an die Projektumgebung umgesetzt. „Altmodisch“ ist nicht gleichbedeutend mit „schlecht“, wenn es sinnvoll angewandt wird.

Mythos 3: „Entweder agil oder klassisch – man muss sich für eins entscheiden“

Viele Diskussionen laufen nach dem Entweder-oder-Muster: Agil oder klassisch, schwarz oder weiß. Doch die Praxis zeigt ein anderes Bild. Immer häufiger setzen Unternehmen auf hybride Ansätze, also eine Kombination aus beiden Welten. Warum? Weil Projekte selten 100 % vorhersehbar oder 100 % ungewiss sind – oft gibt es beides: planbare Teile und flexible Teile.

Die neuesten Trends bestätigen das: Hybrides Projektmanagement ist auf dem Vormarsch. Zwischen 2020 und 2023 ist der Einsatz hybrider Methoden um 57 % gewachsen – von 20 % auf 31,5 % der befragten Unternehmen . Über 60 % der Organisationen geben an, mittlerweile verschiedene Ansätze je nach Bedarf zu kombinieren . Der Grund ist einfach: One size fits all funktioniert nicht. Unterschiedliche Projekte – ja sogar unterschiedliche Phasen innerhalb desselben Projekts – können verschiedene Herangehensweisen erfordern.

Statt Dogma heißt das Motto: „Fit for purpose“. Was braucht das Projekt wirklich? Es kann sinnvoll sein, innerhalb eines großen Vorhabens z.B. die Konzeptionsphase klassisch durchzuführen (klare Ziele definieren, Pflichtenheft erstellen) und anschließend die Entwicklungsphase agil iterativ anzugehen. Oder parallel laufende Teilprojekte unterschiedlich zu managen: Das IT-Team arbeitet agil, das Schulungsteam folgt einem festen Plan. Solche maßgeschneiderten Mischformen sind oft erfolgversprechender als ein stures Festhalten an einer reinen Lehre.

Ein weiterer häufiger Trugschluss ist die Annahme, eine agile Transformation des Unternehmens sei irgendwann „fertig“. Falsch. Agilität ist ein fortlaufender Prozess, kein Meilenstein mit Enddatum. Dennoch glauben laut einer Untersuchung 31 % der Unternehmen, sie hätten ihre agile Transformation bereits abgeschlossen – ein Widerspruch in sich, denn eine Organisation kann sich nicht einfach „für immer agil machen“ und dann abhaken. Solche Denkweisen zeigen, dass das Entweder-oder-Mindset in den Köpfen feststeckt: Entweder wir sind agil (Haken dran) oder eben nicht. Die Wahrheit ist: Man muss ständig dazulernen und den Ansatz anpassen. Unternehmen, die glauben, mit einem agilen Zertifikat oder einem einmaligen Change-Projekt sei es getan, begehen eine gefährliche Fehlannahme.

Fazit Mythos 3: Die Frage „agil oder klassisch?“ ist eigentlich falsch gestellt. Erfolgreiche Unternehmen kombinieren Methoden flexibel. Es geht nicht um Ideologie, sondern darum, je nach Projektcharakter die passende Vorgehensweise auszuwählen – notfalls hybrid. Die einzige falsche Wahl ist, immer nur auf eine Methode zu setzen, unabhängig vom Kontext.

Welche Methode passt wann? – Echte Entscheidungskriterien

Nachdem wir die Extreme entlarvt haben, wollen wir konkret werden: Woran sollten Sie als Führungskraft die Wahl der Methode festmachen? Hier einige praxisnahe Entscheidungskriterien:

  • Anforderungs- und Zielklarheit: Sind die Anforderungen zu Projektbeginn weitgehend klar und stabil, oder herrscht große Unsicherheit? Bei klaren Zielen und wenig Veränderungstendenz kann ein klassischer Ansatz effizienter sein . Wenn jedoch unklar ist, „wohin die Reise geht“, und die Erkenntnisse erst im Verlauf reifen, ist Agilität sinnvoller – man entwickelt Schritt für Schritt zusammen mit dem Kunden Richtung Ziel .

  • Regulatorische und formale Vorgaben: Stehen Gesetze, Normen oder Zertifizierungen im Vordergrund? In stark regulierten Projekten (z.B. Medizin, Luftfahrt, Finanzwesen) führt oft kein Weg an klassischen Stage-Gates, Dokumentationen und Freigaben vorbei . Agil kann hier intern eingesetzt werden, muss sich aber in den formalen Rahmen einfügen (Stichwort: V-Modell XT in Behörden oder FDA-Vorgaben in Pharma). In freieren Umfeldern hingegen kann man mutiger agil vorgehen.

  • Projektgröße und Dauer: Sehr große, langfristige Projekte mit vielen Beteiligten und externen Abhängigkeiten erfordern oft einen gewissen Planungsgrad, allein um Koordination und Finanzierung zu sichern. Agile Ansätze skalieren zwar (siehe SAFe, LeSS etc.), aber dies wird komplex. Manchmal ist ein hybrides Vorgehen ratsam: Grobplanung für’s große Ganze, agile Sprints für die Detailumsetzung. Kleine bis mittlere Projekte mit überschaubarem Team können leichter vollständig agil arbeiten.

  • Kundeneinbindung und Flexibilität: Wie eng und regelmäßig kann der Kunde/Stakeholder eingebunden werden? Agil lebt von Feedback und kurzen Zyklen – wenn der Kunde hierfür bereitsteht (und es wünscht), ist das ideal. Fehlt jedoch diese Mitwirkung oder braucht der Auftraggeber eher verbindliche Pläne und Ergebnisse, muss man klassischer planen und Zwischenabnahmen definieren. Wichtig ist, ehrlich zu klären, was der Kunde erwartet – nicht jeder will im Zwei-Wochen-Rhythmus Prototypen sehen.

  • Teamkompetenz und Kultur: Erfahrung des Teams ist entscheidend. Ein unerfahrenes Team, das wenig Selbstorganisation gewohnt ist, wird mit purem Scrum u.U. überfordert sein – hier kann anfangs mehr Führung/Struktur (klassisch) nötig sein. Ein eingespieltes, interdisziplinäres Team mit hoher Eigenverantwortung wird durch zu viel Wasserfall-Bürokratie eher gebremst und profitiert von agilen Freiräumen. Auch die allgemeine Unternehmenskultur spielt mit: Agilität erfordert Vertrauen, Fehlertoleranz und Transparenz – herrscht stattdessen Kontrolldenken und Silodenken, muss erst ein Kulturwandel erfolgen, sonst bleibt „agil“ ein Buzzword.

  • Lieferdruck und Innovationstempo: Wenn ein Projekt in einem volatilen Markt spielt, wo schnelles Reagieren auf Änderungen überlebenswichtig ist (z.B. Software-Startups, digitale Produkte), dann ist ein agiles Vorgehen quasi Pflicht – niemand will monatelang an Kundenbedürfnissen vorbei entwickeln. In stabileren Umfeldern mit längerem Markthorizont (z.B. Infrastruktur, Behörden) kann man längerfristig planen, ohne dass einen jede Woche neue Anforderungen überraschen.

Diese Kriterien sind kein starres Schema, aber sie liefern Anhaltspunkte. Oft werden Sie anhand dieser Faktoren entscheiden, ob eher agile, eher planbasierte oder gemischte Ansätze passen. Wichtig: Bleiben Sie flexibel. Prüfen Sie während des Projekts immer wieder, ob der gewählte Ansatz noch greift. Adaptivität gilt nicht nur für Entwickler-Teams, sondern auch für Führungskräfte bei der Methodenwahl!

Typische Fehlentscheidungen – und wie Sie sie vermeiden

Selbst mit den obigen Kriterien tappen Entscheider häufig in Fallen. Hier drei klassische Fehlannahmen von Führungskräften und wie man es besser macht:

  1. „Wir führen agil per Dekret ein – ab morgen ist alles Scrum!“ – Viele Unternehmen stürzen sich kopfüber in eine agile Transformation, weil es im Trend liegt. Der Fehler: Ein Top-Down-Befehl „Seid jetzt agil“ ersetzt nicht das Verständnis warum und wie. Ohne Schulung, ohne Pilotprojekte und ohne die nötige Kulturänderung scheitert das Vorhaben. Mitarbeiter fühlen sich überrollt, Manager verunsichert – am Ende gibt es Chaos statt Agilität. Besser: Agilität behutsam einführen. Starten Sie mit einem Pilotteam, lassen Sie Erfolge und Learnings sprechen. Kommunizieren Sie klar die Ziele agiler Arbeitsweisen (schneller auf Kundenwünsche reagieren, Teams ermächtigen etc.). Nehmen Sie sich Zeit für Training und Coaching. Und vor allem: Leben Sie als Führungskraft die agilen Werte vor (Offenheit, Fehlertoleranz, Fokus auf Ergebnis statt Formalitäten). So vermeiden Sie „Agile Theater” – außen Scrum-Schminke, innen alte Hierarchie – und schaffen echte agile Leistung.

  2. „Agil heißt völlige Planlosigkeit – wir verlieren die Kontrolle.“ – Auf der anderen Seite zögern manche Entscheider, agile Methoden zuzulassen, aus Angst vor Kontrollverlust. Sie verbinden agil mit Chaos: kein Plan, keine Dokumentation, jeder macht, was er will. Diese Angst führt dazu, dass man krampfhaft am Alten festhält, selbst wenn der Kontext es nicht mehr hergibt. Typisches Symptom: Ein Projekt mit hohen Unsicherheiten wird ins enge Korsett eines fixen Wasserfall-Plans gezwängt. Änderungen werden als Versagen gesehen, das Team arbeitet mit Scheuklappen am ursprünglichen Plan vorbei – und scheitert grandios, weil es sich nicht an neue Gegebenheiten anpassen durfte. Besser: Machen Sie sich bewusst, dass agiles Arbeiten nicht anarchisch ist, sondern andersartig strukturiert. Es gibt sehr wohl Planung – aber eben rollierend –, es gibt Dokumentation – aber eben in Form von z.B. User Stories und Akzeptanzkriterien statt seitenlangen Lastenheften. Gute agile Teams nutzen Metriken, Definition-of-Done und Produkt-Backlogs, um Transparenz zu schaffen. Als Führungskraft sollten Sie Kontrolle durch Vertrauen ersetzen: Setzen Sie Leitplanken (Ziele, Prioritäten, Budgetrahmen) und lassen Sie dem Team im definierten Rahmen die Methodenfreiheit. Oft stellt man fest: Die Kontrolle über Ergebnisse steigt sogar, weil das Team motivierter und reaktionsfähiger ist. Kurz: Mut zur Agilität, wenn der Projektcharakter es verlangt – Sie verlieren nicht den Überblick, sondern gewinnen engagierte Mitdenker.

  3. „Hybrid bedeutet das Schlechteste aus beiden Welten.“ – Einige Führungskräfte meiden hybride Ansätze, weil sie fürchten, dann weder Fisch noch Fleisch zu haben. Sie glauben, man müsse sich klar positionieren, sonst entstehe Methodensalat und Unklarheit. Doch ein starrsinniges Entweder-oder führt, wie gezeigt, zu Fehlentscheidungen. Gefahr besteht tatsächlich, wenn Hybrid unsauber gemacht wird – etwa wenn ein Projektteam ständig zwischen agilen und klassischen Prozessen hin- und herspringt und niemand mehr durchblickt. Besser: Hybrid mit Plan angehen. Definieren Sie von Anfang an, welche Teile des Projekts agil laufen und welche klassisch – und kommunizieren Sie die Schnittstellen. Zum Beispiel: „Die Software-Entwicklung arbeitet in 2-Wochen-Sprints mit Produktinkrementen; alle 6 Wochen gibt es ein klassisches Management-Review mit den Stakeholdern, in dem wir entscheiden, welche Features ‘eingefroren’ werden.“ So wissen alle Beteiligten, wann Flexibilität gefragt ist und wann Entscheidungspunkte nach klassischem Muster kommen. Hybrides Projektmanagement erfordert etwas mehr Abstimmung, aber es kann hervorragend funktionieren, wenn jeder den Fahrplan kennt. Im Zweifel holen Sie sich einen Projektcoach, der Erfahrung mit hybriden Vorgehen hat. Richtig umgesetzt, vermeiden Sie damit sowohl die Überbürokratie langer Wasserfallprojekte als auch das mögliche Chaos vollkommen freier Agilität. Sie kombinieren im Idealfall das Beste aus beiden Welten: klare Struktur und hohe Anpassungsfähigkeit.

Fazit: Die ehrliche Antwort für Entscheider

Agil oder klassisch? Die ehrliche Antwort lautet: Es kommt darauf an. Es gibt nicht die eine „richtige“ Methode für alle Fälle . Wer etwas anderes behauptet, verkauft entweder einen Hype oder vereinfacht die Realität zu stark. Als Führungskraft sollten Sie sich von methodischen Dogmen frei machen. Weder Scrum noch Wasserfall sind Selbstzwecke. Entscheidend ist, was für Ihr Projekt, Ihr Team und Ihr Unternehmensziel funktioniert.

Die Praxis und aktuelle Studien zeigen: Agile Ansätze sind nicht per se überlegen, klassische Methoden nicht automatisch überholt. Erfolgreiche Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Methoden-Mix kontextabhängig optimieren. Genau das ist Ihre Aufgabe als Entscheider:

  • Hinterfragen Sie Mythen: Glauben Sie nicht blind, dass „agil = immer gut“ oder „Wasserfall = schlecht“ ist. Schauen Sie auf Fakten und Erfahrungen aus Ihrer Branche. Lassen Sie sich weder von agilem Guru-Jargon noch von nostalgischer Planungsromantik einlullen.

  • Analysieren Sie den Projektkontext: Nutzen Sie die oben genannten Kriterien, um zu beurteilen, welcher Ansatz passt. Treffen Sie eine bewusste Entscheidung je Projekt – und begründen Sie diese gegenüber Ihrem Team. Nichts schafft mehr Akzeptanz als einleuchtende Argumente statt bloßer Anordnungen.

  • Schaffen Sie Rahmenbedingungen für Erfolg: Wenn Sie agil arbeiten lassen, befähigen Sie Ihr Team durch Trainings, Coaching und die nötigen Entscheidungsfreiheiten. Nehmen Sie Ihre Rolle als Servant Leader an, der Hindernisse beseitigt. Wenn Sie klassisch vorgehen, stellen Sie sicher, dass Anforderungen solide erarbeitet und genehmigt sind und dass es Mechanismen für Änderungsmanagement gibt. Egal welche Methode – fördern Sie eine Kultur, die den Menschen ermöglicht, ihr Bestes zu geben: offene Kommunikation, Lernbereitschaft und Fokus auf das Projektziel.

Am Ende zählt für Sie als Führungskraft das Ergebnis: Wurde das Projektziel erreicht, mit vertretbarem Aufwand und Nutzen? Der Weg dorthin kann agil, klassisch oder hybrid sein. Die „richtige“ Methode ist die, die in Ihrer spezifischen Situation am effektivsten zum Erfolg führt. Oder um es auf den Punkt zu bringen: Richten Sie die Methode nach dem Projekt aus, nicht das Projekt nach der Methode. Das ist die ehrliche Antwort – und die beste Entscheidungsgrundlage. Handeln Sie pragmatisch, nicht ideologisch. Dann liegen Sie richtig.

Quellen: Die Aussagen im Artikel sind durch aktuelle Studien und Praxisberichte belegt, u.a. Harvard Business Review, PMI Pulse of the Profession 2023/24, Computerwoche, Informatik Aktuell und Branchenexperten. Diese zeigen übereinstimmend: Weder agiles noch klassisches Projektmanagement ist per se überlegen – auf den richtigen Einsatz kommt es an.

  1. PMI Pulse of the Profession 2023

    Project Management Institute (PMI) https://www.pmi.org/learning/library/pulse-of-the-profession-2023-13330

  2. Standish Group CHAOS Report 2020/2022 (Zusammenfassungen)

    Standish Group

  3. Agile Transformation Survey Report 2023

    Digital.ai (ehemals VersionOne) https://digital.ai/resource-center/analyst-reports/17th-state-of-agile-report

  4. Kienbaum & Gesellschaft für Projektmanagement (GPM): Projektmanagement-Studie 2023

    → Ergebnisse zu Methodenwahl, Hybrid-Trends und Erfolgsfaktoren im deutschsprachigen Raum

  5. Harvard Business Review: „Embracing Agile“

    Rigby, Sutherland & Takeuchi, HBR 2016, immer noch zitiert https://hbr.org/2016/05/embracing-agile

  6. Computerwoche.de – „Agile Methoden im Vergleich“ https://www.computerwoche.de/a/agile-methoden-im-vergleich,3549851

  7. Informatik Aktuell – „Agile Methoden – warum scheitern sie in Unternehmen?“

    https://www.informatik-aktuell.de/management-und-karriere/agilitaet/agile-methoden-warum-scheitern-sie-in-unternehmen.html

  8. Projektmagazin.de – Artikelreihe zu Hybridem Projektmanagement

    https://www.projektmagazin.de

  9. Capgemini – Studie: „Agilität – Anspruch und Wirklichkeit“ (2022)

    https://www.capgemini.com/de-de/resources/agilitaet-anspruch-und-wirklichkeit/

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